Hansezeit & Backsteingotik

Sichtbarster Ausdruck des Reichtums der Hansezeit sind die prachtvollen Backsteinbauten aus jener Zeit. Kirchen, Rathäuser, Klöster, Stadttore und Bürgerhäuser zählen heute als Denkmäler der Backsteingotik zu den bedeutendsten Bauwerken der deutschen Geschichte.

Michaeliskloster in Rostsock
Das Michaeliskloster in Rostock

Nicht zufällig wurden diese kulturhistorischen Zeitzeugen nach jahrelangen detailgetreuen Restaurierungsarbeiten in den Hansestädten Lübeck, Wismar und Stralsund zum Welterbe der UNESCO gekrönt.


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Die Baumeister, die damals mit den Siedlern nach Mecklenburg und Vorpommern kamen, kannten den Backstein bereits als Baumaterial aus Westfalen und Niedersachsen. Aber hier in den neuen Gebieten konnten sie ohne Rücksicht auf Bautraditionen nach Herzenslust experimentieren.

So führten sie bekannte Stile weiter und gaben dem Drang zum Großen, Weiten und Unbekannten in ihren Bauten Gestalt. 

Insbesondere in den schönen Hansestädten Wismar, Rostock und Stralsund entstanden himmelhohe Bauten, die den Stil der Backsteingotik vollendet dokumentieren.

Mit dem Aufstieg der Hanse und der steigenden Weltoffenheit der Städte drangen andere Bauelemente in das Land ein. Mit unbändigem Fortschrittsdrang griff man Ideen, Stilelemente und Bauformen aus ganz Europa auf und verschmolz sie mit dem überkommenden Ideengut der Backsteinbaukunst.

Rostocker JacobikircheDie um 1300 erbaute Rostocker Jakobikirche (siehe Abbildung) , die im letzten Krieg schwer beschädigt wurde, war eine Basilika mit achteckigem Chor, beeinflußt von der englischen Gotik.

Aus Frankreich dagegen kam die Form der Kathedrale mit dem überhöhten Mittelschiff und dem Umgangschor.

Diese Bauform finden wir in der bekannten Rostocker Marienkirche genau so wieder, wie in den drei großen, etwas später errichteten Wismarer Kirchen St. Marien, St. Georg und St. Nikolai. Ganz deutlich wird der  französische Kathedralenstil in dem Zisterzienserdom von Doberan und in der Schweriner Bischofskirche.

Die gewaltigsten Bauwerke des neuen Stils entstanden in den großen Küstenstädten.

In Wismar ging man in der Ausnutzung des Backsteins wohl am weitesten. Die ungeheuere Wucht der Marienkirche, ihr wehrhafter, fast barbarischer Bau scheinen einer Burg, einer Festung angemessen zu sein.

So wuchs der gotische Backsteinbau immer mehr in die Höhe, ein Phänomen, das auch an den Toren und Patrizierhäusern zu beobachten ist. Waren die ersten Backsteintore noch breit und massig (Rostocker Tor in Ribnitz), so wurden sie in der Hochgotik zu emporstrebenden Türmen (Kröpeliner Tor in Rostock).


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Auch der vielfach verzierte, hochsteigende gotische Schmuckgiebel drang nach Mecklenburg vor. Exemplar dieser Bauweise ist der "Alte Schwede" in Wismar.

Leider sind die weltlichen Bauten aus der Zeit der Backsteingotik nicht in solcher Zahl erhalten wie die Kirchenbauten. Sie waren zum Teil nicht so beständig gebaut, wurden auch im Laufe der Zeit verändert und modernisiert (Rostocker Rathaus).

Klosterruine EldenaIn Vorpommern entstanden zwischen 1210 und 1250 ebenfalls die ersten Feldklöster der Zisterzienser. Eines von ihnen, Kloster Eldena, von dem aus Greifswald begründet wurde, war eine besonders weitläufige Anlage. Noch heute sprechen die bewachsenen Ruinen von der geistigen Kraft dieses Missionszentrums.

Bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts waren die Kirchen in Vorpommern nach dem spätromanischen Grundplan der dreischiffigen Basilika gebaut.

Mit welchem kaum wieder erreichten Sinn für Maße und Dimensionen man zur Zeit der Hanse baute, das beweist vielleicht am eindrucksvollsten das Rathaus von Stralsund.

Seine prächtige, reich gegliederte Schauwand, daneben die aufragende Nikolaikirche – das ergibt ein unverwechselbares Bild, das man unbedingt gesehen haben muß.